Die gewaltige Energie des größten Vulkans Siziliens und Europas machte sich schon vor ungefähr einer Million Jahren auf dem Meeresgrund bemerkbar. Ihre teils zerstörerische, teils atemberaubende Wirkung kam im Laufe der Jahrtausende in den verschiedensten Formen zum Ausdruck und reicht auch heute noch bis weit über ihren 215 km langen Umfang. Gasexplosionen und Ascheregen gehören zu den regulären Aktivitäten des Mongibello, dem Berg der Berge (aus: lat. mons = Berg und arab. djebel = Berg), wie er von den Anwohnern des Feuerspeiers genannt wird, die den Berg ehren und fürchten. Für sie ist der Ätna aber auch ein Segen Gottes, denn sein 3369 m hoher Gipfel macht aus ihm einen ausgesprochenen Wolkenfänger (170 cm Niederschlag im Jahr im Vergleich zu den 30-50 cm der Südküste) und verwandelt die überaus fruchtbare Lavaerde in ein Pflanzenparadies.
Am östlichen Hang, ca. zwei km von Fornazzo entfernt, steht der älteste Baum Italiens, der mindestens 2000 Jahre alt ist: Der Kastanienbaum der 100 Pferde mit einem sagenhaften Umfang von 60 m und einer außerordentlich dichten Laubkrone. Es wird erzählt, dass im XIV. Jh. oder im XVI. Jh. eine Königin mit ihrem Geleit auf hundert Pferden bei einem Gewitter unter dem Kastanienbaum Schutz gefunden haben soll.
Der Park ist in vier Vegetationsgürtel unterteilt: bis zu einer Höhe von 500 m überwiegen Pflanzen, die ein warmes Klima bevorzugen, von 500-800 m ü. d. M. liegen Obstgärten, Oliven- und Pistazienhaine und Weinberge. Erwähnenswert ist der Rotwein des Ätna, aber auch ein köstlicher Zitronenlikör, der Limoncello, und das Feuer des Ätna – ein wahrhaft explosives Gemisch. Über 800 m beginnt das Waldgebiet, das sich, je nach Alter der Lavaströme mehr oder weniger dicht bis zu 2000 m Höhe erstreckt. Steineichen-, Kastanien- und Buchenwälder wechseln sich mit Lavafeldern in allen Farbschattierungen zwischen rot und schwarz ab. An den Stellen, wo der Wald lichter wird, entfacht ein reichhaltiger Kräutergarten einen unvergleichbaren Duft. Im Unterholz wachsen Zwergpalmen, verschiedene Ginsterarten, Erika, Weißdorn und Phillirea. Weiter oben gedeihen nur noch Gebüsch, Moose und Flechten und der widerstandsfähige Ätna-Ginster. Wenn man Glück hat, kann man hier ein kleines Edelgewächs entdecken: das weiß-lila schimmernde Ätna-Veilchen. Über 2500 m beginnt die schwarze Einöde des Ätna, ohne jeglichen Pflanzenwuchs mit Ausnahme einer Eichenart, die kaum zu erkennen ist. Die höheren Bereiche sind besonders für Alpinismus und für Alpin-Ski geeignet.
Über Nicolosi und Zafferana erreicht man den Rifugio Sapienza auf ca. 1900 m ü. d. M. Von dort kann man mit der Seilbahn bis auf 2500 m hochfahren, von wo es nur mit Spezialfahrzeugen und in Begleitung eines Bergführers bis auf eine Höhe von fast 3000 m weitergeht. Ab hier kann man – bei guten Wetterbedingungen und in Begleitung eines Vulkanführers – den Hauptkrater besteigen.
Im Norden wird der Park vom Alkantarafluss abgegrenzt. Sein Name leitet sich aus dem arabischen Wort Al Qantarah ab, was Brücke bedeutet, zur Erinnerung an eine bedeutende Brücke, die die Emire über den Alkantarafluss bauen ließen. Der Fluss entsteht in den Nebrodi-Bergen bei Floresta. Zwischen zwei prismenförmigen Lavasteinwänden strömt er – 48 km lang – durch sein graues Bett, bis er schließlich bei Giardini Naxos in das Ionische Meer mündet. Über Jahrtausende hinweg hat er seinen Lauf metertief im Basaltgestein eingeschnitten. Dabei entstanden äußerst eindrucksvolle Schluchten, die bis zu 20 m tief sein können. Heute sprießen aus den Spalten der scheinbar leblosen Gesteinswände Kaktusfeigen und Wolfsmilchsträucher heraus. Man hat das Gefühl, mitten in einem Lavaausbruch geraten zu sein, wo aber, an Stelle des glühenden Magmas, eiskaltes Wasser fließt – auch im Hochsommer! Mit Hochwasserstiefeln, die vor Ort zu mieten sind, kann man durch den Fluss waten; abgehärtete Felle können darin auch schwimmen, denn dies gehört zu den aufregendsten und kühlsten Abenteuern überhaupt.
Nicht weniger erstaunenswert sind die Grotten des Ätna. Man zählt über zweihundert Höhlen und erreicht einige vom Rifugio Sapienza aus, über Nicolosi oder Zafferana. In diesem Gebiet wurde früher der Schnee zu Eis gestampft und bis in den Sommer gehalten, als er dann in die Stadt hinunter getragen wurde. Die schönsten Grotten liegen am Nordhang, zwischen Linguaglossa und dem Rifugio Citelli. Darunter liegt die Grotta del Gelo, auf 2.030 m Höhe, die im Laufe der Eruption von 1614-24 entstand und die lange Grotta dei Lamponi. Im Winter sind die Grotten unzugänglich, doch im Frühjahr, zur Zeit der Eisschmelze, empfangen den Besucher Eisstalaktiten, -säulen und -kränze.